30. Juni 2015

Woran ich schreibe … nicht ohne Hassan!

Die Wochen sind dahingeflogen. Lange war ich nicht mehr auf dem Blog, und das ausgerechnet nach dem letzten Suizid-Hassan. Aber ich lebe noch! Und zwar ziemlich unspektakulär. Fahre morgens nach Dahlem raus, wo die Uni ist, versuche Hegel und Schelling zu lesen und spiele Sudoku und Spider Solitär, höre mir Vorlesungen über die Apokalypse an (sehr bald, sagen fast alle, und das zu allen Zeiten), trinke lecker Mensa-Kaffeeeisbrei (mit extra Sahne) und sitze bis abends an einem Computer in der Bibliothek.

Um zu schreiben, natürlich.

An ganz verschiedenen Romanen.

Na gut, es sind eigentlich zwei Romane. Der eine fiel mir ein wie ein Lichtstrahl, ich glühte regelrecht vor Vorfreude, mich an die Arbeit zu machen. Mir kamen bei der Planung so viele Ideen, wie ich ihn optimieren könnte, wie ich ihn EIGENTLICH schreiben müsste, dass ich am Ende gar nicht mehr wusste, worum es eigentlich geht. Als ich die vermeintliche Essenz der Geschichte in ein perfekt angepasstes Kleid eingearbeitet hatte, war ein neues Gebilde entstanden. Eine penible Allegorie, die vor Starrheit kaum noch lebte.

Ich begann sie zu schreiben. Es fühlte sich recht mühselig an.

Schreiben war für mich nie ein Beruf, sondern immer eine Fluchtwelt vor der Arbeit, der ich mich eigentlich widmen sollte. Daher drängte sich mir just in dieser Zeit eine andere Geschichte auf, die mir schon länger durch den Kopf spukte. Vielleicht war das DIE Idee – das große, fulminante, alle Hoffnungen, der Autor zu sein, der ich sein möchte, ein für allemal bestätigende WERK. Wer schreibt, weiß, wovon ich phantasiere.

Leider werde ich diese in Stein gemeißelte, bzw. in Worten manifestierte schriftstellerische Selbstbestätigung wohl niemals erreichen. Ein Ideal haben heißt, für immer in der Annäherung zu strampeln und sich dabei möglichst wenig peinlich anzustellen.

Als ich das Schreiben abbrach und mich stattdessen an die Ausarbeitung der zweiten Idee machte (das WERK), fühlte ich mich aber bald so überfordert von meinem Anspruch, Gott und die Welt in einer komplex und faszinierend gefalteten Geschichte fassbar zu machen, dass ich wieder zurückflüchtete in die erste Idee, wie sie ursprünglich war.

Ich habe den Kopfsprung gewagt. Jetzt bin ich etwa 40 Seiten drin. Ich muss sagen, es macht großes Vergnügen. Weil ich noch nicht genau weiß, wie die Figuren sich entwickeln werden. Eine Figur mag ich sehr gerne, die andere macht schlimme Dinge, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sie doch noch zur Einsicht kommen wird.

Sobald ich mehr weiß, mache ich weitere diffuse Andeutungen. Und sobald feststeht, ob und wenn ja, wo die Geschichte irgendwann zu lesen sein wird, gebe ich das natürlich auch bekannt.

In der Zwischenzeit grübele ich weiter, was die bessere Methode ist: sich intuitiv und dem Gefühl nach in Geschichten versenken oder durch akribische Planung, durch ein steinhartes Konzept nach den Kirschen der Kunst greifen. Einerseits glaube ich, dass man sich überfordern und die Gefahr eingehen muss, sich schrecklich zu blamieren (kein Ideal ohne Erniedrigung), denn wer nicht nach Höherem strebt, kreist nur um sich selbst. Andererseits darf man nicht mit zu viel Zwang an die Sache rangehen, denn ein Werk, das der Autor vollständig durchleuchtet hat, wird nicht zu Leben erwachen. Unter euch sind doch auch ein paar Schreiber – wie geht ihr vor?

Zum Schluss ein neuer Hassan-Comic. Denn Schreiben mag Fluchtwelt sein, Hassan ist Pflicht!

Zum Vergrößern bitte anklicken.

Hassan-Merkel

 

geschrieben von Jenny-Mai Nuyen - Veröffentlicht in Blog

Kommentare

13 thoughts on “Woran ich schreibe … nicht ohne Hassan!

  1. Ich habe erst das letzte Drittel meines Roman geplottet – wirklich intensiv! Jedes Kapitel, wer was sagt, warum er das sagt, mit Anfang und Ende.
    Das geschah allerdings erst bei der dritten Überarbeitung. Ich kannte die Charaktere, die Handlung, den roten Faden und wusste, worauf das ganze hinauslaufen sollte.
    Hätte ich das eher gemacht, wäre das Buch jetzt nicht das, was es ist (und ich behaupte einfach mal, dass es fertig ist :) Der Reifeprozess und die eigene Entwicklung im Schreiben war damals bei mir eher … naja, anders. Ich habe halt drauflos geschrieben und eigentlich erst bei der zweiten Überarbeitung habe ich mir wirklich Gedanken gemacht, was mir die Figuren eigentlich sagen wollen.
    Zu meinem jetzigen Projekt bin ich da schon mehr am Plotten, allerdings nicht im Korsett von “das-is-jetz-so-und-das-bleibt-so”. Ich kann nicht alles planen. Ich habe auch schon wieder Sachen rausgeschmissen, von denen ich felsenfest überzeugt war.
    Aber ich verstehe, was du meinst. Je mehr ich mir etwas vornehme und an diesem Vorhaben festhalte und mir ausmale, was damit alles möglich wäre, wie ich weiter gehen kann und was am Ende bei rauskommt, desto weniger gehe ich die Sache wirklich an.
    Warum?
    Na, ich hab mir doch schon alles erträumt. Wozu es dann noch angehen, wenn es in meiner Vorstellung doch so schön ist? Warum sollte ich meine Energie mit etwas verschwenden, von dem ich schon Ahnung habe, wie es sein wird?

    Liebe Grüße
    Meersalz

    1. Hi Meersalz!
      (lecker.)
      Ja, das ist eine kluge Vorgehensweise und ein guter Einwand: Was man im Detail schon durchträumt hat, muss man nicht nochmal aufschreiben. Das wäre in der Tat langweilig.
      Aber bei mir geht es auch gar nicht so um das detaillierte Ausplotten, sondern eher um das Durchdenken im Sinne der Bedeutung der Handlung. Wie kann ich dem Thema gerecht werden? Wie mache ich meine Aussage möglichst einleuchtend, ohne die vielen komplexen Aspekte zu vernachlässigen? Ich glaube, mein Problem ist vielmehr, dass ich die perfekte Metapher suche und dabei die Kreativität zu eng am Riemen reiße. Aber irgendwie will ich auch nicht “bedeutungslos” drauflos träumen, in der Hoffnung, irgendeine Bedeutung im Prozess zu finden.

      Es bleibt schwierig. Aber wer hat behauptet, es sei leicht?

      Grübelt:
      Jenny

  2. Unter euch sind doch auch ein paar Schreiber – wie geht ihr vor?

    1. Locker bleiben.
    2. Den Geschichten beim Wachsen zusehen; die machen das schon.
    3. Wenn ich mich ums regelmäßige Schreiben drücke, und nur dann!, muss mal das Analyse-Hirn angeworfen werden.

  3. Liebe Jenny,

    wie Christian habe ich mich auch angesprochen gefühlt und dachte, ich geb mal meinen Senf dazu ab. Ob es sinnvoll ist … keine Ahnung. :D Aber es hat Spaß gemacht, darüber nachzudenken.

    Was ist besser, Verstand oder Gefühl? Da habe ich erstmal ein Weilchen nachgrübeln müssen und bin – zumindest, was das Schreiben betrifft, über die grundsätzliche Frage will ich lieber gar nicht erst zu nachdenken anfangen – zu dem Schluss gekommen: Beides! Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass in einem Buch die richtige Mischung aus Planung und Intuition herrscht.
    Denn wenn man alles nur penibel plant und sich nicht traut, davon abzuweichen, wirkt das ganze Buch künstlich und technisch. Ich vermute, es ist dir auch schon häufiger passiert, dass Figuren ein Eigenleben entwickeln und sich an einer bestimmten Stelle der Geschichte weigern, das zu tun, was man als Autor eigentlich vorgesehen hatte – was einen fast immer zwingt, seitenlange Umwege zu schreiben, um doch noch das gewünschte Ergebnis zu bekommen, oder aber sogar, die ganze Geschichte umzuschmeißen. Meistens stellt sich dann aber heraus, dass die Ansprüche der Figur durchaus ihre Berechtigung hatten und dadurch die ganze Charakterzeichnung und der ganze Plot viel stimmiger wirken. Wenn man sich selbst diese Möglichkeit versperrt, geht meiner Ansicht nach ein ganz essenzieller und schöner Teil des Schreibens verloren (und ich wage zu behaupten, dass man das dem Gesamtwerk auch anmerkt).
    Auf der anderen Seite halte ich auch das “einfach drauf los Schreiben” nicht unbedingt für die beste Methode. Ein bisschen Plan schadet nie, damit man zumindest weiß, wo man am Ende hin will und was die Auflösung des Buches sein soll. Mir ist es früher schon sehr oft passiert, dass ich eine Geschichte abgebrochen habe, weil ich einfach nicht mehr wusste, wie ich jetzt meine ganzen aufgebauten Konflikte zu einem einigermaßen befriedigenden Ende führen soll, oder mich so verzettelt hatte, dass ich gar nicht mehr wusste, wer eigentlich was mit wem, wo und vor allem warum …?! :D Von daher ist es schon praktisch, vorab ein Konzept zu entwickeln, das vor allem auch beinhalten sollte, warum es die Geschichte wert ist, erzählt zu werden (das klingt komisch, ich weiß, hat aber den Hintergrund, dass ich in letzter Zeit einige Bücher erwischt habe, die so gar keinen Eindruck bei mir hinterlassen konnten … nicht, dass sie wirklich “schlecht” gewesen wären, ich habe mich nur die ganze Zeit gefragt, warum der Autor/die Autorin mir diese Geschichte eigentlich erzählt).
    Von daher mein Fazit zu dieser Frage: Ich glaube, jeder Autor muss selbst seine Position zwischen den beiden Extremen Verstand und Gefühl finden. Bei einem guten Buch gibt es kein “oder”.

    Aber das ist, wie gesagt, nur meine Meinung. Es wird sicherlich Leute geben, die nie von ihrem vorgegebenen Schreibplan abweichen bzw. gar nicht erst einen machen und trotzdem gute Bücher schreiben. Und damit bin ich wieder am Anfang: Ich habe keine Ahnung. :D Vielleicht konntest du ja trotzdem ein bisschen was mit meinem wirren Geschreibsel anfangen …

    Für deine Bücher wünsche ich dir ganz viel Inspiration und Durchhaltevermögen! Auf jegliche diffuse Andeutungen freue ich mich schon jetzt. :-)

    Liebe Grüße
    Marlene

    PS: Ich denke, die Sache mit dem WERK kennen wir alle. Und ganz bestimmt nicht nur wir Schreiberlinge, sondern auch andere Künstler und wahrscheinlich sogar alle Menschen. Jeder sehnt sich doch danach, etwas zu schaffen, was irgendwie in den Herzen und Köpfen anderer Leute etwas hinterlässt. Und vielleicht sogar etwas verändert.

    1. Liebe Marlene,

      interessante Gedanken. Die Gegenüberstellung “Gefühl/Verstand” drängt sich oft auf. Aber irgendwie kann es doch nicht sein, dass die beiden sich widersprechen. Entweder der Verstand macht einen Fehler oder die Gefühle sind unberechtigt. Irgendwie muss man sie doch zusammenbringen…

      Stimmt, nicht nur Schriftsteller haben ihr WERK. Bedeutung empfinden zum Glück viel mehr Menschen als nur Kunstschaffende. Aber leider gibt es auch Zyniker (auch unter den Kunstschaffenden, was ich immer am Bizarrsten finde!), die meinen, es sei besonders aufgeklärt zu glauben, das Leben habe keinen Sinn und keine Bedeutung. Schade ist das. Für alle.

      Grummelt:
      Jenny

      1. Liebe Jenny,

        nicht grummeln. ;-) Ich schick dir meine Schokoladen-Cookies rüber, Nervennahrung. :-)

        Ich glaube, das ist es, was ich mit dem ganzen Geschwafel sagen wollte: Dass beides für das Schreiben wichtig ist und dass einem Buch, das nur mit Verstand oder nur mit Gefühl geschrieben wurde, einfach ein essenzieller Teil fehlt. Daher glaube ich, dass man sich irgendwo auf dem Strahl dazwischen positionieren sollte – ob jetzt mehr in Richtung Verstand, mehr in Richtung Gefühl oder genau in der Mitte, ist Typsache. Aber ganz links oder ganz rechts funktioniert nicht so richtig …

        Das stimmt. Und ich kann den Gedankengang dieser Zyniker auch ein Stück weit nachvollziehen. Denn woher kann man schon wissen, welche Bedeutung das eigene Leben hat? Aber vielleicht, vielleicht kann man ja etwas schaffen, was zumindest für ein paar Menschen um einen herum und vielleicht sogar noch in der Zukunft Bedeutung hat. Etwas, das die Menschen berührt, bewegt und vielleicht sogar verändert … Ob das nun ein WERK im Sinne von einem Buch, einem Gemälde, einer Sinfonie ist, oder flüchtige Dinge, wie gesprochene Worte, Berührungen, Umarmungen, das ist egal. Denn dann hat das Leben Bedeutung.

        Grüßle
        Marlene

  4. Hallo Jenny,
    welch Freude, wieder von dir zu hören :-)
    Ein neues Buchprojekt? Sehr cool.
    Ich kann dieses Gefühl der Euphorie sehr gut verstehen, wenn die erste Idee im Kopf nicht nur vorbeihuscht sondern verweilt. Das Schreiben kann nicht schnell genug verlaufen und die Finger fliegen über die Tastatur oder der Stift rauscht über das Papier. Und ebenso gut kenne ich es, wenn dann alles irgendwie nicht mehr passt und man nicht mehr weiß, worum es eigentlich geht.
    Nun habe ich ja noch nicht viele Bücher geschrieben… (Um genau zu sein erst eines, aber das ist fertig. Und eine Kurzgeschichte) Aber ich plotte auch meistens sehr schlecht. Ich lasse die Geschichte sich entwickeln. Gut, die Grundidee steht fest und genau wie Christian Damerow habe ich meistens einen Anfang und ein Ende. Das ist dann meine Grundidee. Ich bewundere Leute, die wirklich alles von A – Z durchplotten. Ich kann das nicht wirklich.
    Von daher gehe ich intuitiv an die Sache heran. Für mich ist schreiben Freude, Euphorie, Gefühle, Angst und noch mehr Freude und jede Menge Spaß. Sicherlich steckt viel harte Arbeit in jedem Buch aber die Freude überwiegt bei mir. Von daher stellt sich die schriftstellerische Selbstbestätigung bei mir schon dadurch ein, dass ich das Buch an dem ich schreibe, auch fertig stelle. Den ganz großen Wurf werde ich sicherlich auch nicht mehr machen. Ach was solls. Irgendwas is ja immer ;-)

    Hm, der Autor zu sein, der man wirklich sein möchte. Wer möchtest du denn sein? Ist man nicht nur ein Plagiat, wenn man so sein will wie z.B. Tolkien?

    Ich bin der festen Überzeugung, das zu jeder Buchveröffentlichung auch eine ganze Menge Glück gehört. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort, wie es so schön heißt. Daher ist es Glückssache, ein ein für allemal bestätigende WERK zu schreiben. Denn das Werk, welches ich als grandios erachte, ist nicht zwingend ein Buch der Massen. Es gibt viele grandiose unentdeckte Schriftsteller und ebenso gibt es viele Bestseller, die (in meinen Augen) schlecht sind. (Ich denke da an die “Grautöne”…jaja dieses Shades-Dingens)
    Wodurch wir zu einer Grundfrage kommen. Warum schreibst du? Oder anders gefragt: Für wen schreibst du?

    In diesem Sinne wünsche ich dir eine sonnige und Ideenreiche Woche
    Ganz liebe Grüße
    Laurence

    PS: Warum glaubst du, du könntest dich schrecklich blamieren? (Geht das überhaupt?) ;-)
    PPS: Falls es dich aufbaut: Deine Bücher stehen bei mir zu Hause im Regal neben Patrick Rothfuss, Felix J.Palma und Dan Brown ;-) Also bitte ;-)

    1. Hallo Laurence!

      Aiaiai, da stellst du mir eine Frage: Warum ich schreibe? Und für wen?
      Die schöne Antwort lautet: Ich schreibe, weil ich MUSS, und ich schreibe für mich selbst. Die weniger romantische Antwort lautet: Ich schreibe, weil es mir Anerkennung, einen Lebensin- und -unterhalt bietet, und ich schreibe für Verlage, die Leserschaft, den Markt.
      Aber weil das Schöne auch das Wahre ist, hat die schöne Antwort definitiv mehr Gewicht :D

      Und welcher Autor ich sein möchte? Na ja, keiner, der schon gelebt hat. Denn dann wäre ich ja überflüssig. Ich möchte der Autor sein, der ich sein könnte, wenn ich könnte. Ich möchte besser sein als das, was ich bisher bewiesen habe. Wenn ich nicht auf Zehenspitzen stehen und die Finger ausstrecken würde nach dem Unerreichten, würde mir das Ziel, die Orientierung fehlen, dann würde ich vielleicht einfach in mich zusammenschrumpeln und traurig werden. Oder nur noch Hassans zeichnen.

      Natürlich gibt es den Spaß beim Schreiben, da hast du Recht – und der ist der Motor und der Sinn der ganzen Angelegenheit. Aber der Spaß ist ja nichts Anderes als das sehnliche Ausstrecken nach dem Unerreichten.

      Es stimmt, dass ein großes Werk selten ein Bestseller wird. Aber darum kann es einem nicht gehen, wenn man vom WERK träumt. Das Werk ist etwas Ideelles, es will die ideale Welt; ein Bestseller will sich selbst in der Welt, wie sie jetzt ist.

      Oh ja, ich kann mich blamieren … -.- Ich habe Beweise in Form pathetischer Gedichte und autobiographisch angehauchter Romane hier in meiner Schublade …
      Ich denke, es kann peinlich werden, wenn man nach den Sternen greifen will und dabei die Tatsache, dass man sich überhaupt reckt und streckt, so gut findet, dass man darüber hinaus vergisst, wo die Sterne sind. Diese Gefahr droht mir neben anderen beim Schreiben am meisten. Schlimm, aber wahr.

      Ich muss sagen, diese Fragen zu beantworten macht eigentlich Spaß. Man fühlt sich danach so aufgeräumt ^^ Also, Laurence: Warum und für wen schreibst du? Und welche Gefahren lauern auf deinem Schreibtisch?

      1. Erst mal Sorry für den doppelten Beitrag. (irgendwie bin ich zu ungeduldig gewesen ;-) )
        Spieß umgedreht haha :-) Mist… ok.
        Warum schreibe ich: Auch bei mir gibt es zwei Versionen.
        Kurz gesagt: ich schreibe weil ich´s kann. (Ich muss nur noch lernen, mich besser auszudrücken) ;-) und ebenso schreibe ich für mich selbst.
        Die längere Version: Ich schreibe, weil ich befürchte, dass mir sonst der Kopf platzt. Ich habe immer und überall Bilder in meinem Kopf, Geschichten, die heraus wollen. Klingt komisch, ist auch so.
        An deiner Antwort ist eine Menge wahres dran, auch wenn der Lebensunterhalt bei mir ja in anderer Form verdient wird. Aber auch die Suche nach Anerkennung spielt bei mir eine (ja ich muss zugeben eine große) Rolle.
        Ich schreibe für all jene, die mich lesen wollen. Die meine geschichtliche Gedankenwelt mit mir teilen wollen. Also für die Leser.

        Welche Gefahren auf meinem Schreibtisch lauern? In Punkto Peinlichkeiten? hahahaha Mit den obligatorischen Jugendgedichten kann ich auch aufwarten. Und ich hab mit 16 oder so sogar eine Geschichte angefangen zu schreiben. So im Stil von Perody de Hogen… äh Perry Rhodan. So… nu ist es raus. ok, das wäre wirklich peinlich. Aber hey, ich steh dazu. Ich war jung und hatte Geld.

        Das mit den Sternen fand ich sehr schön beschrieben. Ich glaube jetzt zu verstehen, was du mit dem ultimativen WERK meinst. Aber wie weiß ich, das es das ultimative Werk ist? Gut, nun habe ich ja noch nicht viel geschrieben. Aber auch hier beginne ich langsam aber sicher zu verstehen. Hm… eine gute Frage. Was ist das ultimative Werk?
        ;-)

        1. Das ulitmative Werk ist immer das, das man noch nicht geschrieben hat.
          (Wenn ich mir das ausdenken würde, würde ich mich hassen.)

          Hehe, “Ich war jung und hatte Geld” ist so ein Satz, den du vor mir nicht äußern darfst. Ich klau doch coole Sprüche…!

  5. Bei der Frage an die Schreiber da draußen fühlte ich mich angesprochen. :)
    Ich bin mir noch nicht ganz sicher (Selbstbeobachtung ist nicht wissenschaftlich anerkannt), aber ich denke ich werde beim Schreiben meist von philosophischen Ideen und Impulsen geleitet (ich schiebs auf mein Studium). Ich bin kein Plotter, der jedes Detail einer Story kennt, bevor er sie schreibt, aber ich habe meist ein grundlegendes Dilemma, eine Fragestellung (z. B. “Gott stirbt” in meinem letzten Buch) und lass um diese herum eine Story wachsen, die eine Lösung dafür sucht.
    Manchmal scheitere ich damit nach etwa 50 Seiten kläglich (tut weh), manchmal trägt mich die Story einfach mit sich und ich stelle rückblickend fest, dass Handlungsauflösungen, von denen ich am Anfang noch nichts ahnte bereits durch Andeutungen (von mir?) im Anfang der Story angelegt waren. Meist vergesse ich später, ob ich die Auflösung von Anfang an kannte oder ob die Story sie mir verraten hat. Das kann gruselig sein. ;)
    Grundsätzlich brauche ich einen guten Anfang und ein gutes Ende, bevor ich eine Story beginne und alles, was dazwischen passiert ist variabel und kann angepasst werden. Meist habe ich jedoch einen Anfang und ein Ende vor jedem Roman.
    Was das WERK angeht, von dem du sprichst. Ich wünsche dir viel Glück damit. Ich glaube, dass jeder Schreiber ein Buch hat, das überleben kann. Die wenigsten Autoren wissen vermutlich, bei welchem ihrer Bücher es sich um das WERK handeln wird (außer Goethe und Tolkien vielleicht :D).
    Vor kurzem sah ich Ray Bradburys FAHRENHEIT 451 in einem Buchladen. Es sieht so klein und verletztlich aus, wenn man es zwischen den 900 Seiten Ziegeln im Regal sieht und vermutlich hätte selbst Bradbury nicht geahnt, dass es sich wie ein Pfeil durch die Jahrzehnte bohrt. Zur Zeit lese ich GRAVITYS RAINBOW von Thomas Pynchon (1000 Seiten plus) und bei jeder Seite merkt man, dass auch dieser Ziegel sich durch die Zeit bohren wird. Beim Schreiben versuche ich immer dieses Gefühl des Zeitlosen zu suchen, denn ich denke es wird sich auf die eigene Story übertragen, wenn man außerhalb der Zeit denkt, wenn man sich nicht zu sehr am Zeitgeschmack orientiert.

    1. Hallo Christian!
      Schön, von dir zu hören. Was du über deine Vorgehensweise beim Schreiben sagst – Ideen aus der Philosophie als Impulse für Geschichten nehmen -, würde ich ganz genau so unterzeichnen.
      Die Frage ist bloß, wie mit dem Scheitern nach 50 Seiten (oder mehr…) umzugehen ist. Dieses Scheitern will ich vermeiden, indem ich mir zu Beginn bewusst mache, was ich eigentlich warum tue. Es scheint mir ein Holzweg, sich bewusstlos dem Gefühl zu überlassen und die Verantwortung ans Schicksal oder an die Intuition abzugeben. Vielleicht spiegelt sich hier auch ein bisschen die Geschichte vom Sündenfall: Hat man mal von der Erkenntnis genascht, kann man nie wieder zur seligen Unwissenheit zurückkehren. Das Problem ist, dass die Erkenntnis nicht so sauber ist und die Unwissenheit überall noch durchsickert.
      Was du übers Zeitlose sagst, finde ich sehr richtig. Das, was sich in der Kunst auszusprechen lohnt, kann kein Allgemeinplatz sein. (Im besten Fall sollte es aber so wahr und gut sein, dass es ein Allgemeinplatz werden sollte.)

      1. Es ist auch gut von dir zu hören. Die lange Stille nach dem Zug-Comic war fast makaber geduldig. :D

        Eine gute Frage: Wie vermeidet man den Fehler eine Geschichte zu beginnen, die vielleicht keine Zukunft hat.
        Ich tue mich schwer eine Formel zu finden, was das Schreiben betrifft. Es ist immer anders. Ich liebe folgendes Zitat von
        Gene Wolfe: “You never learn how to write a novel. You just learn how to write the novel that you’re writing.”

        Für mich trifft es den Punkt. Wenn ich “Ende” unter eine Geschichte schreibe, dann kommt bei mir kurzweilig entweder absoluter Übermut auf, ein Gefühl drei Romane hinterher schieben zu können oder aber gähnende Leere. Ich frage mich wie es bei dir ist. :) Ich stürze mich meist direkt in eine neue Geschichte und irgendwann wird aus dem leichtfüssigen Tanzen vom Anfang ein Stolpern.
        Auf die Frage wie es zu vermeiden ist, weiss ich keine leichte Antwort. Ein Freund von “Drauf-Los-Schreiben” bin ich ebenfalls nicht, weil es meistens aus einem Impuls geschieht, eine tagesabhängige Stimmung. Ich suche mehr nach meiner jahres- oder jahrzehnteabhängigen Stimmung. Themen, die mich nicht nur heute beschäftigen, sondern quasi grundlegend sind.

        Das ist sehr vage ausgedrückt, aber ich versuche jedes Buch so anzulegen, dass es nicht wie eine Fast-Food Filiale zwischen Ginkgo Bäumen aussieht. :) Es muss zu mir passen und mich zugleich auf die Probe stellen. Ich will mich nicht auf einer Form von Geschichte ausruhen, die ich bereits erzählt habe, daher lässt sich schmerzhaftes Training nicht vermeiden.

        Allerdings ist es vermutlich bei jedem anders. Für mich ist eine gute Methode in ein Buch reinzukommen die richtige Stimme zu finden. Manchmal muss ich erst die Stimmen und Perspektiven der Figuren testen bzw. meine Erzählerstimme finden, um festzustellen, ob es die Stimme der Geschichte ist, der richtige Ton. Meist muss ich abbrechen, wenn ich mit der falschen Stimme begonnen habe. Wenn ich sie jedoch habe, dann läuft es meist und dann spielt für mich auch Vertrauen auf diese Stimme eine große Rolle, mit und ohne Plot. Der Plot ist dann irgendwann der Dirigent, aber es funktioniert auch als Jazz, je nach Geschichte. :)

        Ich bin mir sicher, dass du die Stimme für dein neues Projekt bald findest oder vielleicht sogar schon hast. Ich habe dein neues Interview zu “Nacht ohne Namen” gelesen und finde deine Antworten wirklich gut. Vor allem, dass du dich nicht in ein Genre einengen lassen willst und nach dem “Wahren” suchst.

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