Fühlt sich an wie beim ersten Mal.
Vielleicht, weil mit HEARTWARE tatsächlich zum ersten Mal ein Thriller von mir erscheint.
Oder einfach, weil ich seit Anfang 2015, als ich den Roman fertigschrieb, sehnlich darauf warte, die Geschichte mit euch zu teilen und eure Reaktionen zu erfahren.
Es ist fast unmöglich, seine eigene Arbeit zu beurteilen, weil man als Autor nur das große Gesamtkonzept und die etlichen Puzzlestücke sieht, aber nie beide vereint in einem Strom erlebt. Ich weiß nur, dass ich teilweise wie besessen an der Geschichte geschrieben habe und so glücklich dabei war, dass alles Weitere – ein Buchvertrag, Erfolg, Euronen – zweitrangig schien. Hätte das Manuskript nie meine Schublade (meine Cloud) verlassen, würde ich nicht bereuen, ihm acht Monate meines Lebens gewidmet zu haben. Kann es ein größeres Glück geben? Nicht für einen Autor, denke ich.
Falls ihr noch nicht sicher seid, ob ihr euch HEARTWARE zulegen sollt oder doch lieber ein H&M-Shirt oder ein leckeres Mittagessen (oder, Blasphemie, irgendein anderes Buch), dann genehmigt euch doch mal ein auditives Appetithäppchen. Vielleicht mundet, äh, ohret es euch ja. Trotz der antiken Aufnahmequalität:
Von einem Roman erhoffe ich mir, in eine Welt einzutauchen und vom Buch gefesselt zu sein. Das ist bei Heartware auf jeden Fall hervorragend gelungen. Das Buch fesselte mich, und ich habe es in einer knappen Woche durchgelesen. Dass ich jetzt in den Ferien auch die entsprechende Zeit dazu hatte, war für einen Langsamleser wie mich natürlich hilfreich.
Achtung, wer das Buch noch nicht gelesen hat, sollte hier aufhören weiterzulesen, es werden Spoiler folgen!
Bei den Leserunden zum letzten Werk der Autorin hatte ich diese ein oder zweimal „geärgert“, in dem ich ein paar Vorahnungen hatte. Diesmal muss ich sagen, dass mich die Tatsache, dass Marigny von Anfang an ebenfalls für Will gearbeitet hat, mich völlig überraschend getroffen hat. Dabei waren alle Hinweise da, mit denen man es hätte erschließen können: die Tatsache, dass sie nicht nur für Balthus gearbeitet hat, das verschlüsselte Schachspiel, und die Info, dass Will in Hackerforen nach Hilfe gefragt hatte. Ich LIEBE das, wenn Wendepunkte nicht aus den Haaren gegriffen wirken, sondern man als Leser so einen Aha-Noment hat, und sich auf die Stirn schlägt. In meinem Fall ist das gelungen.
Ich habe mich auch gefragt, ob es gut war, dass ich schon im Vorfeld des Buches wusste, dass k.I. in dem Buch eine Rolle spielen würde. Einerseits wegen diesem Blog, aber auch wegen der offiziellen Buchbeschreibung. Vielleicht hätte man auch in dieser Hinsicht noch einen weiteren Aha-Moment erleben können, aber ich verstehe die Notwendigkeit des Verlags, diese Thematik auch vermarkten zu wollen.
Neben der Spannung, der Action, der (Suche nach wahrer) Liebe, ist es aber auch ein Buch, das viel zum Nachdenken anregt. Über den Sinn des Lebens, der Oberflächlichkeit des Konsums, der Ungerechtigkeit der Gesellschaft… Wer „nur“ einen spannenden, rasanten Thriller als leichte Kost sucht, ist womöglich mit dem Buch falsch beraten. Ich fand aber, dass gerade dies dem Buch eine zusätzliche Dimension gab, die nicht nur für eine spannende, sondern auch für eine interessante Lektüre sorgte.
Gerade auch die Charaktere wirkten sehr vielschichtig. Wobei mir auffiel, dass sie eigentlich ALLE sehr viele Selbstzweifel hatten, und entweder auf der (fast schon selbstzerstörerischen) Suche nach dem großen Sinn waren… oder krampfhaft versuchten, diese Fragen durch den Alltag zu verdrängen.
Meine größte Sympathie lag übrigens bei Marigny, und ich bin sehr froh, dass sie sich nicht als Verräterin entpuppte. (Lustig: nach all dem Misstrauen und Zweifeln war am Ende niemand der Hauptcharaktere ein großer Verräter, auch wenn jeder halt seine Geheimnisse hatte.)
Und: auch für Y hatte ich eine gewisse Sympathie. In einigen Rezensionen las ich, dass das Buch aufzeigen würde, dass eine k.I. die Welt zerstören könnte. Stimmt, diese Gefahr erkennt man. Aber vielleicht kann auch nur noch eine k.I. die Welt retten ;)
Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass auch Y den Roman überlebt hat. Gerade da der Prolog einen etwas anderes vermuten ließ.
So, zum Abschluss möchte ich mich dann nochmals für viele Stunden tolles Lesevergnügen bedanken. Eine gekürzte Version (ohne Spoiler) werde ich auch noch auf Amazon setzen.
P.S. Meine nächste Ferienlektüre wird ein Buch sein, das zwar nicht von Jenny Mai Nuyen geschrieben wurde, aber auf Facebook enthusiastisch empfohlen wurde: Nevernight.
Hallo Luc!
Erstmal bitte ich um Entschuldigung, dass dein Kommentar – so wie etliche andere – in den vergangenen Monaten im PAPIERKORB gelandet sind. Ich überwache ja immer meinen Spamordner, aber den Papierkorb hatte ich nicht auf dem Schirm. Ich dachte, da kommt nur von mir entsorgtes rein. Technik und ich …
… Umso glücklicher bin ich darüber, dass mein technikthematisierender Roman nichts von meinen Inkompetenzen verraten hat und dir vergnügliche Lesestunden bereiten konnte! Ich habe deine Rezension mit einem quietschigen Grinsen gelesen und freue mich total, dass du Marigny mochtest. Bei ihr hatte ich am meisten Sorge, dass man sie nicht mögen könnte, weil sie so .. naja, luderig ist. Und zugleich durfte sie nicht zu offensichtlich “auf den rechten Weg” finden, weil man dann den schwingenden Zeigefinger bemerkt hätte.
Was die Vermarktung der k.I.-Thematik angeht, hast du es auf den Punkt gebracht. Hätte der Verlag verzichtet, das Thema in Klappentext zu nennen, wäre die Geschichte überraschender gewesen. Aber man hätte auf alle Leser verzichtet, die sich für genau dieses Thema interessieren und danach suchen. Wenn ich 50.000 Stammleser habe, geht man vielleicht solche Wagnisse ein. In diesem Sinne … immer weiterempfehlen. :P
Vielen Dank für deine ausführliche Rückmeldung, das hat mir gerade den Tag versüßt. Gesüßt. Genau richtig süß.
Ach ja, noch was: ich liebe es, wenn ein Buch auch die kleinen Details stimmig aufklärt, und diese nicht einfach vergisst. Zum Beispiel den Brief nach Russland, den es im Endeffekt nie gegeben hat.
Genial auch, dass Will eigentlich der Auftragsgeber für die Disserationen war. Natürlich auch ziemlich anmaßend, jemanden so nutzlos arbeiten zu lassen, aber richtig originell.
Schließlich fragte ich mich aber auch noch, ob Marigny sich das Handy vielleicht doch absichtlich stehlen ließ. Hätte strategisch Sinn ergeben, aber da wir die Szene aus ihrer Perspektive erlebten, schien das wirklich nicht beabsichtigt. Wohl eher ein glücklicher Zufall, der ihr den Job, Elli zu Balthus zu führen, deutlich erleichterte. Und erbost war sie dann wohl nur über die Dreistheit.
Ach ja, und als Luxemburger weiß ich, dass der beim Geheimtreff erwähnte Satellitenbetreiber tatsächlich existiert. ;)
Ja, am Ertüfteln und Zusammenführen der Details hab ich natürlich auch meinen größten Spaß – beim Lesen ebenso wie beim Schreiben. Wobei es beim Schreiben manchmal auch echt strapaziös werden kann, wenn man z.B. leichtfertig ein paar Abweichungen vom Plan gemacht hat und dann merkt, dass manche rote Fäden nicht mehr verknoten werden können wie anfangs gedacht. Dafür verbrate ich regelmäßig meinen Hirnschmalz.
Ich freu mich, dass du auf diese Details achtest! Ich hüpf da rein wie ein Kind ins Ballbecken, nur dass statt Bällen Aufmerksamkeit drin ist. :D
So, so, du lebst in Luxemburg und weißt über die Satellitenbetreiber Bescheid. Klingt, das wäre mir die Geheimverschwörung auf die Schliche gekommen.