24. Oktober 2013

Dreiäugige Fische, zweiköpfige Pilze, einzigartige Liebe

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Ich möchte ja nicht über mein Essverhalten reden. Frauen in ihren Zwanzigern reden meiner Erfahrung nach mehr über Quinoa, saisonales Gemüse und Vegetarismus als der schimpfwütigste Fleischer. Dabei interessiert das eigene Essverhalten andere Menschen in der Regel so wenig wie das Essverhalten anderer einen selbst interessiert, deshalb halte ich mich aus der schmatzenden Schwatzerei lieber raus.

Aber heute gibt es eine Ausnahme. Als ich nämlich vorhin mein Mittagessen zubereitete, fand ich in der Champignon-Packung zwei Pilze, die zusammengewachsen waren. Oder war es ein Pilz, der zwei Köpfe hatte? Jedenfalls war mein erster Gedanke TSCHERNOBYL! Atompilz! Genmanipulierter dreiäugiger Simpsonsfisch! Dann dachte ich an die strengen EU-Richtlinien, die vollkommen einwandfreies Gemüse verbieten, wenn es nicht die „richtige“ Form hat. Waren meine zusammengewachsenen Pilze womöglich illegale Einwanderer, Flüchtlinge vor dem Regelwerk des europäischen Lebensmittelmarktes? Waren sie völlig harmlos – sogar eine niedliche Kuriosität der Natur? So wie die monogame Liebe. Da sind auch zwei unzertrennlich, weil sie eben zusammengewachsen sind.

Aber wie natürlich ist denn diese treue, verknallte, ewigkeitsvernarrte Liebe? Es kann ja auch sein, dass es die nicht immer gegeben hat – in prähistorischen Zeiten, wo Mädchen Fellbikinis trugen, wurde ihnen ja bekanntlich kein Kaffee zum Kennenlernen angeboten, sondern eine Keule übergebraten. Von Liebe hat da wohl noch keiner gesprochen. Oder gegrunzt. Ist die rosarote-für-immer-und-ewig-Liebe dann nur ein künstlicher Auswuchs der Zivilisation?

Möglich, dass der dreiäugige Simpsonsfisch (aus der Fernsehserie „Die Simpsons“), der dem verseuchten Wasser von Springfield sein namensgebendes drittes Auge verdankt, sich wundert, dass er anders ist als die normalen Fische. An seiner herausragenden Sicht leiden wird er aber bestimmt nicht. Auch wenn die Welt ein bisschen verschoben aussieht, gibt es immerhin ein Drittel mehr zu sehen als für die anderen. Vielleicht ist es mit der Liebe genauso. Egal, ob sie natürlich ist oder durch bittersüße Schadstoffe entstanden.

Das Champignonpaar habe ich übrigens gegessen, schön mit Rosmarin und Olivenöl, sehr köstlich. Mehr sage ich zu meinem Essverhalten aber wirklich nicht.

geschrieben von Jenny-Mai Nuyen - Veröffentlicht in Blog

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